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Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen

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Einleitung.

19

  Gefallen dran zu haben. Andere haben die Musik in ihrer Jugend mehr
durch eigene Uebung, als durch richtige Grundsätze erlernet. Bey er-
wachsenen Jahren schämen sie sich des Unterrichts, oder glauben keiner
Anweisung mehr benöthiget zu seyn. Deswegen lassen sie sich nicht gerne
verbessern, sondern wollen vielmehr unter dem Namen der Liebhaber Lob
verdienen. Füget es aber das Schicksal endlich nicht, daß sie durch ihre
andern Wissenschaften zu einer Beförderung gelangen; so ergreifen sie aus
Noth die Musik; mehrentheils aber bleiben sie, wegen des Verlusts der
Zeit, die sie auf andere Wißenschaften haben wenden müssen; aus Man-
gel des Talents, welches zu andern Wißenschaften nicht hinreichend ge-
wesen, und nun vielleicht zur Musik noch weniger zulänglich ist; oder aus
Vorurtheil und falscher Einbildung, welche von andern keine Verbesse-
rung ertragen kann, von der einen Seite nur halbe Gelehrte; von der
andern aber, kaum halbe Musikverständige. Denn wer zum Studiren
keine hinlänglichen Naturgaben besitzt; der hat deren vielleicht noch we-
niger zur Musik. Doch aber, hat ein solcher, der zugleich vom Studi-
ren Werk machet, ein zureichendes Talent zur Musik; und wendet bey
dieser eben den Fleiß an, wie er bey jenem gethan hatte: so hat er nicht
nur vor andern Tonkünstlern einen Vortheil voraus; sondern er kann
auch in der Musik überhaupt mehr Nutzen stiften, als andere: welches
mit vielen Beyspielen dargethan werden kann. Denn wer da weis, wie
viel Einfluß die Mathematik, sammt denen unter ihrem Bezirke stehenden
Wißenschaften, die Weltweisheit, die Dichtkunst, und die Redekunst,
in die Musik haben; der wird gestehen müssen, daß die Musik nicht nur
einen größern Umfang habe, als viele glauben: sondern auch, daß der
bey den meisten Musikverständigen verspürte Mangel obenbemeldeter Wis-
senschaften, die größte Hinderniß an weiterem Fortkommen, und die Ur-
sache sey, warum die Musik noch nicht zu einer größern Vollkommenheit
gebracht worden ist. Wie kann es aber auders [sic] seyn: da diejenigen, so
die Theorie bestizen, selten in der Ausübung stark sind: und die, so sich
in der Ausübung hervorthun, selten Meister in der Theorie abgeben
können? Ist es möglich die Musik, bey so gestallten Sachen zu einiger
Vollkommenheit zu bringen? Es ist demnach nöthig, jungen Leuten,
die sich auf die Musik legen, ernstlich anzurathen, daß sie sich bemühen
möchten, wenn ihnen auch die Zeit nicht erlaubet, sich in allen Stu-
dien zu üben, dennoch in den obengemeldeten Wißenschaften, und hier-
nächst auch, in einigen der ausländischen Sprachen, keine Fremdlinge
zu

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