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Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen

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und eine Musik zu beurtheilen sey.

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  die Kenntniß derjenigen Regeln bemühet seyn müsse, welche die Vernunft,
der gute Geschmack, und die Kunst an die Hand geben. Es wird mir
weiter hoffentlich niemand abstreiten wollen, daß, weil nicht ein jeder,
der sich doch nicht selten zu einem Beurtheiler der Musik aufwirft, mit
dieser Erkenntniß ausgerüstet ist, folglich dadurch der Musik, den Ton-
künstlern, und den Liebhabern der Musik, welche dadurch in einer bestän-
digen Ungewißheit erhalten werden, großer Nachtheil erwachsen müsse.

10. §.

  Ich will mich bemühen, die vornehmsten Eigenschaften eines voll-
kommenen Tonkünstlers, und einer wohlgesetzeten Musik, durch gewisse
Merkmaale kennbar zu machen: damit sowohl Tonkünstler, als Liebha-
ber der Musik, zum wenigsten eine Anleitung haben mögen, nach welcher
sie ihre Beurtheilungen anstellen, und welchem Musikus, oder welchem musi-
kalischen Stücke sie ihren Beyfall mit Rechte geben können. Ein jeder, der
beurtheilen will, suche dasselbe dabey immer ohne Vorurtheile, ohne Affecten,
und hingegen mit Billigkeit zu unternehmen. Man gehe behutsam und überei-
le sich nicht. Man sehe auf die Sache selbst, und lasse sich nicht durch gewisse
Nebendinge, die gar nicht dazu gehören, blenden: z. E. ob einer von die-
ser oder jener Nation sey; ob er in fremden Ländern gewesen sey oder nicht;
ob er sich von einem berühmten Meister einen Scholaren nenne; ob er bey
einem großen, oder kleinen Herrn, oder bey gar keinem in Diensten ste-
he; ob er einen musikalischen Charakter, oder keinen habe; ob er Freund
oder Feind, jung oder alt sey; u. s. w. Ueberhaupt wird die Billigkeit
nicht leicht überschritten werden, wenn man, anstatt von einem Musikus,
oder von einem Stücke zu sagen: es tauget nichts, nur sagen wollte:
es gefällt mir nicht. Das letztere hat ein jeder Macht zu sagen:
weil man niemanden zwingen kann, daß ihm eine Sache gefallen müsse.
Das erstere aber sollte man billig nur den wirklichen Musikverständigen,
welche allenfalls den Grund ihres Urtheils zu beweisen schuldig sind, allein
überlassen.

11. §.

  Von einem guten Sänger wird erfodert: daß er hauptsächlich
eine gute, helle, reine, und von der Tiefe bis in die Höhe durchgehends
egale Stimme habe, welche ohne die, aus der Nase und der Gurgel oder
dem Halse (gola) entspringenden Hauptfehler, und weder heischer noch
dumpfich sey. Die Stimme und der Gebrauch der Worte ist das einzi-
ge, wodurch die Sänger vor den Instrumentisten einen Vorzug erlangen.
Es

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